Manchmal merke ich anhand von Überforderung, dass ich nicht präsent bin. Meist liegt das daran, dass ich mich in der Vergangenheit oder in Sorgen um die Zukunft befinde. Oder in Idealen bzw. Vorstellungen zu leben, wie das Leben erst dann anfängt, wenn sich gewisse Umstände ändern. „Wenn ich erstmal an meinem Wunschort bin, dann kann ich durchstarten“, „Wenn ich Geld hätte für einen neuen Computer, ein schickes Notizbuch, DANN kann ich anfangen…“, „Wenn ich mehr Zeit habe, DANN…“ „Wenn sich DIE Person ändert, dann…“ „Wenn ICH mich ändere, dann…“ Findest du dich da manchmal wieder? Das Resultat ist meist Hilflosigkeit, Machtlosigkeit, Stagnation, Resignation. Mehr Überleben als Leben.
Eines Tages, als ich mich in so einem Jammertal befand, hörte ich in der Stille die weise, feine Stimme: Du bist ein Gestalter. Genau da, wo du gerade bist. In der Ungewissheit, in der Phase und an dem Ort, in dem es vielleicht nicht so aussieht, wie du es gerne wünschen würdest, an dem noch viele Dinge am Werden sind. In der Schwäche, Spannung, Zerrissenheit, die du gerade empfindest.
Als ich dieses Wort hörte, fiel schlagartig eine große Last von schweren Gedanken von mir ab. Ich setze mich hin, fing ohne viel Umschweife an zu malen, mit dem was gerade herumlag, und verspürte eine wachsende Freude und Leichtigkeit, den restlichen Tag zu gestalten. Im Gestalten fand ich einen neuen kostbaren Zugang zu Gott, an seiner Freude und seinem Wesen teilzuhaben. Dieser Zuspruch ist seitdem ein Gamechanger für mich geworden.
Direkt am Anfang der Bibel sehen wir, wie Gott Himmel und Erde schafft. Jedesmal, wenn ich die Zeilen lese, kommen darin neue Facetten von Gott ans Licht, die mich berühren und staunen lassen. Seine unbändige unverzweckte Freude, sein Sinn für atemberaubende Schönheit, die wir täglich in seiner Schöpfung sehen, seine verschwenderische Großzügigkeit, seine überfließende und teilweise auch sehr humorvolle Kreativität (ich meine… er fand es wichtig, Paviane und Schnabeltiere zu erschaffen :)) Seine Begeisterung wenn er ausruft: Es ist gut!
Und dann macht er den Menschen, nach seinem Bilde. Und gibt ihm eine unfassbare Autorität: „Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen.“
Er hat uns diesen Gestaltungsauftrag gegeben, der bis heute anhält. Und im vollbrachten Werk Jesu haben wir eine Heimat beim Vater, indem wir nicht abhängig sind von unserer Leistung, unseren Umständen, aus einem Mangel produzieren oder etwas beweisen müssen. Sondern ein Ort der Fülle, an dem alles schon getan ist, an dem wir alles bekommen, was wir brauchen und uns an einen Tisch setzen, der voll gedeckt ist. Er freut sich, mit uns gemeinsam zu gestalten. Weil es nicht in erster Linie um einen Auftrag geht, sondern um eine liebende Beziehung.
Und das möchte ich dir heute zurufen, in welcher Situation du dich auch gerade befindest:
Du bist dazu berufen, ein Gestalter zu sein. Genau da, wo du gerade stehst. Genau da, wo du vielleicht Spaltung, Zerrissenheit, Dunkelheit empfindest. Genau da, wo die Dinge noch nicht so sind, wie du dir das wünschen würdest. Damit meine ich nicht nur die Künstler. Du hast einen Einfluss auf die Atmosphäre, in der du gerade stehst. Du gestaltest mit Worten (Leben und Tod liegen in der Macht der Zunge - Sprüche 18,21). Du gestaltest deinen Alltag, dein Familienleben, deine Beziehungen, dein Umfeld. Gerade die kleinen Akte des Alltags sind so kostbar - sei es eine Nachbarin mit einer schönen Karte und ein paar Zeilen zu ermutigen, laut zu singen, unverzweckte Zeit mit deinen Lieben zu verbringen. Aber auch deine Gaben zur Entfaltung zu bringen: ob es Organisieren ist, mit Menschen in Kontakt zu treten, zu schreiben oder was immer dir Freude macht. Durch das vollbrachte Werk Jesu am Kreuz haben wir diese unbezahlbare Freiheit und Autorität als ein Kind Gottes. Selbst wenn du dich in einer Wartezeit befindest: Warten ist kein passiver Akt. Meist sind das die Zeiten, die am fruchtbarsten sind, weil wir verschwenderisch unsere Samen aussäen, auch wenn wir noch nicht soviel sehen.
Wenn du gestaltest verbindest du dich mit seiner Freude. Der Vater freut sich über dich. Du bist gemacht für eine Zeit wie diese.